12 Studierende. 11 Wochen. 10 Sitzungen.

Team Nähren – Ein Zwischenstand

von Kira Cieslewicz

This blogpost is part of a transdisciplinary student project in the region of Oldenburg taught by Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, and Dr. Maraja Riechers.

Dieser Blogpost ist Teil des Studentenprojektes Transdisziplinäres Projekt: Landkreis Oldenburg im Master Nachhaltigkeit. Lehrende: Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, Dr. Maraja Riechers.

12 Studierende. 11 Wochen. 10 Sitzungen. Das sind die Eckdaten des Forschungsprozesses unseres Teams, Team Nähren. Wir Masterstudenten der Leuphana Universität Lüneburg arbeiten zusammen mit Team Antreiben an einem Transdisziplinären Forschungsprojekt (kurz: TD Projekt, Abbildung 1: blau) im Landkreis Oldenburg. Transdisziplinarität bedeutet, dass Akteure aus Wissenschaft und Praxis gemeinsam an der Lösung eines gesellschaftlichen Problems arbeiten. Unser TD Projekt ist Teil der Fallstudie Landkreis Oldenburg, die von dem Leuphana Projekt Leverage Points for Sustainability Transformation (übersetzt: Hebel für eine nachhaltige Entwicklung, Abbildung 1: pink) bearbeitet wird. Zusammen mit dem Artecology e.V. wurde dafür die Leitfrage: „Wie können (Bio)Diversitätskorridore im Landkreis Oldenburg ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Leben nähren, fördern und antreiben?“ entwickelt und war damit Namensgeber für unsere beiden Teams Nähren und Antreiben.

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Abbildung 1: Einordnung unseres TD-Projekts in den Gesamtkontext (eigene Darstellung)

Innerhalb dieses Gesamtkontexts liegt der Fokus unserer Arbeit auf dem Naturpark Wildeshauser Geest, ein weiterer wichtiger Akteur aus der Region. Hierbei lautet unsere Leitfrage: „Inwieweit können Naturparks Hebel für eine nachhaltige Entwicklung sein?” Ziel ist es, im Rahmen dieser Leitfrage und mit dem Fokus auf den Begriff „Nähren” eigenständig mit den Akteuren vor Ort eine Forschungsfrage zu entwickeln, deren Beantwortung zu einer nachhaltigen Entwicklung der Region Oldenburg beiträgt. Das beginnt bei der Frage „Was bedeutet eigentlich ‘nähren’?“, geht über Aktionen mit den beteiligten Menschen vor Ort, hin zu der Übergabe einer sogenannten „Handreichung“ bzw. „Anleitung“ an die Region, wie sich unsere Ideen für eine nachhaltige Entwicklung vor Ort umsetzen lassen.

Unser TD Projekt erstreckt sich über ein Jahr und wir befinden uns noch weit am Anfang des Forschungsprozesses, bzw. in Phase A. Phase A bedeutet, dass wir noch den Rahmen bauen, in welchem wir später arbeiten. Dazu gehört Recherche zu der Region, Theoriegrundlagen und die Entwicklung unseres Forschungsteams.

1. Teamentwicklungsprozess: Rollen, Motivation und Erwartungen

Schon in unserer ersten Sitzung stellten wir fest, wie interdisziplinär (d.h. aus unterschiedlichen Disziplinen) unser Team aufgestellt ist. Bevor wir also inhaltlich begannen an unserem Projekt zu arbeiten, konzentrierten wir uns zunächst darauf, uns als Team zu finden.

Als ersten Schritt in der Teambildung beschäftigten wir uns mit den von Meredith Belbin definierten Persönlichkeitsrollen. Die Belbin-Rollen helfen, einen Eindruck über die Stärken und Schwächen der anderen zu bekommen und die Vielfalt im Team zu erfassen. Dafür hat jeder für sich überlegt: welcher Rolle würde man sich aktuell zuordnen (Ist-Zustand) und welche Rolle möchte man in Zukunft gerne einnehmen (Wunsch-Zustand).
Ein Beispiel: Eine Person sieht sich eher als Macher. Jemand, der das Team stetig antreibt und sich gegen Ineffizienz wehrt. Die gleiche Person hat aber als Wunsch-Rolle angegeben, auch ein Erfinder sein zu wollen, um mit neuen, fantasiereichen Ideen das Projekt voran zu bringen.
So hat sich herausgestellt, dass die meisten im Team Nähren sich als Umsetzer, Macher oder Koordinator sehen. Damit sind wir ein Team mit vielen starken Charakteren, die sehr handlungs- und kommunikationsorientiert sind.

Außerdem beschäftigten wir uns mit Fragen der Erwartung, Motivation und damit zusammenhängend auch dem Zeitaufwand. Ein Großteil der Gruppe hat besonders Erwartungen an eine persönliche Weiterentwicklung im Bereich Sozialkompetenzen (z.B. Teamarbeit) und daran, einen Mehrwehrt für die Region zu schaffen. Die Bereitschaft, Zeit in das Projekt zu investieren, reichte von „mehr als 10 Stunden die Woche“ bis zu „keine Projektarbeit in den Semesterferien“. Einigkeit gab es bei der Motivation. So sehen alle klare Aufgabenverteilung sowie ein ausgeglichenes Engagement als Voraussetzung, um motiviert arbeiten zu können. Auch stellten wir fest, dass je mehr wir bevormundet und angeleitet wurden, desto weniger Verantwortungsbewusstsein für unser eigenes Projekt in der Gruppe vorhanden war.

Zusammenfassend lässt sich zu Teamentwicklung sagen, dass das Team Nähren inzwischen ein gutes Gemeinschaftsgefühl hat, wir reflektiert miteinander umgehen und Rücksicht auf die unterschiedlichen zeitlichen und methodischen Möglichkeiten jedes Einzelnen nehmen.

2. Inhaltliche Entwicklung: Recherche, Theorie und Visualisierung „Wolkenwippe“

Als nächsten inhaltlichen Schritt begannen wir mit der tiefergehenden Recherche über die Region. Wir wählten vier Quellen aus, die wir nach Problemen, welche die Region beschäftigen und nach für uns möglichen Anknüpfungspunkten durchsuchten:

  • Regionales Entwicklungskonzept Wildeshauser Geest
    (Leitbild und Visionen für die Entwicklung der Wildeshauser Geest in Zukunft)Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Oldenburg
    (Entwicklung des Landkreises besonders im Bereich Landwirtschaft, Flächenvergabe)
  • Qualitätsoffensive-Naturpark
    (Auszeichnung für die Selbsteinschätzung und Verbesserung der Arbeit von Naturparks)
  • artecology_network e.V.
    (Verein, der sich mit Kunst und Kultur im Landschaftsraum beschäftigt)

Zwischen den gesammelten Begriffen (z.B. Image der Bauern, Marktförderung etc.) suchten wir nach Überschneidungen. Diese fassten wir dann unter den drei übergeordneten Themen Mensch-Natur-Beziehung, Land-leben und regionale Entwicklung zusammen. Wir visualisierten diese dann in einer Grafik durch drei miteinander verzahnte Wolken.

Wolkenwippe.jpg
Abbildung 2: Wolkenwippe (eigene Darstellung)

Als nächstes galt es, die herausgearbeiteten Punkte mit der Theorie der Leverage Points in Verbindung zu bringen. Leverage Point bedeutet übersetzt „Hebel“. Das bedeutet, wenn man einen Leverage Point verändert, ändert man die Gesamtausrichtung eines Systems (in diesem Fall einer Region) in Richtung Nachhaltigkeit. In der Grafik ist dies durch die blaue Wippe ganz unten dargestellt. Also: Welche Themen aus den Wolken haben das Potential die rechte Seite der Wippe nach unten zu drücken, also zu einer nachhaltigen Entwicklung der Region beizutragen? Und wo auf der Wippe üben sie Druck aus, also wie stark kann z.B. eine Änderung im Image der Landwirtschaft die Region verändern? Und welche Werkzeuge kann man dafür nutzen? Hier entschieden wir uns für Koordination, Bildung und Allianzen. Da wir noch nicht wissen, wie stark diese auf eine Entwicklung der Region Einfluss nehmen können, sind erstmal noch Fragezeichen unter den Pfeilen. Die Ansicht wurde im weiteren Verlauf mit Punkten von Team Antreiben ergänzt (grau). Die Wolkenwippe diente uns auch zur Vorbereitung auf die Feldphase.

3. Feldphase: Von der Theorie in die Praxis

Vom 13. bis 15. Juni ging es dann das erste Mal für einige von uns in die Region. Dort trafen wir uns mit unterschiedlichsten Akteuren wie dem Zweckverband Wildeshauser Geest und Künstler des Künstlernetzwerks ArtEcology sowie besichtigten den Naturpark Wildeshauser Geest. Für unsere weitere Projetarbeit war besonders das Gespräch mit dem Naturpark Wildeshauser Geest erkenntnisreich. Zwei Probleme traten besonders hervor:

  1. Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Fokus (Tourismusregion) und Naturschutz
  2. Und damit verbunden der Konflikt mit der Identität
    1. Selbstverständnis des Naturparks
    2. Mangelnde Identifikation der Menschen vor Ort mit dem Naturpark/Region

Daraus entwickelte sich für uns eine potentielle Zusammenarbeit in der Stärkung der regionalen Identität und eine Stärkung der Akzeptanz des Naturparks in der Region.

4. Zwischenstand: Identifikation als Schlüssel

So gelangten wir zu unserem aktuellen Zwischenstand. Wir sehen Identifikation als das Problem in der Region Oldenburg, dass wir mit unserem Forschungsprojekt angehen wollen. Wir denken, ohne die Identifikation der Bevölkerung mit dem Naturpark Wildeshauser Geest wird dessen Einsatz als Hebel hin zu einer nachhaltigen Entwicklung sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Um es auf Abbildung 2 zu übertragen, bedeutet dies: Damit der Naturpark Wildeshauser Geest Druck auf die rechte Seite der Wippe ausüben kann und die Region auf der linken Seite weiter in Richtung Nachhaltigkeit bringt, muss erst die Identifikation der Bevölkerung mit dem Naturpark verbessert werden. Im weiteren Verlauf wollen wir dafür den Begriff „regionale Identifikation“ definieren und erörtern, wie sich die Bevölkerung aktuell mit dem Naturpark Wildeshauser Geest identifiziert.

Quellen:

  • Dressler, G., Berger, W., Heimerl, K., Winiwarter, V. (Hg.) (2014): Interdisziplinär und transdisziplinär forschen – Praktiken und Methoden. Bielefeld.
  • Lang, D.J., Wiek, A., Bergmann, M. et al. (2012): Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges. Sustain Sci 7(1): 25-28.
  • Belbin, R.M. (1981): Management Teams: Why They Succeed or Fail. London.
  • Meadows, D. (1999): Leverage Points: Places to Intervene in a System. The Sustainability Institute

Weitere Quellen:

Der Arbeitsprozess des TD (Teil)-projekts “Antreiben”

Vorstellung des Projekts und Reflektion der bisherigen Arbeit

– von Anne Kathrin Kohrs –

This blogpost is part of a transdisciplinary student project in the region of Oldenburg taught by Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, and Dr. Maraja Riechers.

Dieser Blogpost ist Teil des Studierendenprojekts Transdisziplinäres Projekt: Landkreis Oldenburg im Master Nachhaltigkeit. Lehrende: Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, Dr. Maraja Riechers.

Einordnung des transdisziplinären Projekts

Mit der Durchführung eines transdisziplinären Projekts im Rahmen des Studiengangs Nachhaltigkeitswissenschaft ist es den Studierenden möglich, Einblicke in die transdisziplinäre Forschung zu bekommen. Theorien und Methoden aus Lehrveranstaltungen der Nachhaltigkeitsforschung und transdisziplinären Forschung können im Projekt praktisch angewendet werden (Vilsmaier 2016).

Das transdisziplinäre (TD) Projekt „Fallstudie Landkreis Oldenburg“ bearbeitet in diesem Kontext die Fragestellung, inwiefern Naturparks Hebel für eine Nachhaltigkeitstransformation sind. Diese wurde vom Projekt „Leverage Points for Sustainability Transformation“ entwickelt, welches sich mit der Identifizierung von Deep Leverage Points nach Meadows (1999) für eine Nachhaltigkeitstransformation im Landkreis Oldenburg beschäftigt. Unter Leverage Points werden kleine und große Hebelpunkte oder Interventionen in ein System verstanden, mit denen das System verändert und beeinflusst werden kann (Abson et al. 2016).

Im TD Projekt bearbeitet ein Teil der Studierendengruppe den Forschungsschwerpunkt, was die Region antreibt und ein anderer Teil den Forschungsschwerpunkt, was die Region nährt. Diese Schwerpunkte sind aus der ursprünglichen Fragestellung einer transdisziplinären Fallstudie in Oldenburg entstanden:

Wie können (Bio-)Diversitätskorridore im Landkreis Oldenburg ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Leben nähren, fördern und antreiben?

Beide Teilgruppen arbeiten mit verschiedenen Akteuren vor Ort zusammen und kommunizieren untereinander. Die Arbeit in der Teilgruppe Antreiben soll nun vorgestellt werden.

Die Forschungsarbeit der Gruppe Antreiben und die theoretische Einbettung

Die Arbeit in der Gruppe Antreiben begann mit einem Brainstorming der Studierenden über die Bedeutung des Wortes “antreiben” beziehungsweise der Analyse, welche Handlungsfelder generell angetrieben werden können (Abbildung 1). In Bezug auf die übergeordnete Fragestellung war das Ergebnis, einen Naturpark in den Bereichen Bildung, Mobilität, Energie und Tourismus antreiben zu können.

Abb. 1 BrainstormingAntreiben.PNGAbbildung 1: Ausschnitt des Brainstormings der Gruppe Antreiben (eigene Quelle)

Nach langer Recherche und dem Analysieren vieler Berichte (z.B. LAG 2015), Abschlussarbeiten sowie einem Gespräch mit dem Naturpark Wildeshauser Geest wurde der Schwerpunkt des Teilprojekts Antreiben auf den Tourismus im Naturpark Wildeshauser Geest gelegt.

Eingebettet in die Fragestellung, in wie fern Naturparks Hebel für eine Nachhaltigkeitstransformation sind, lautet die untergeordnete Fragestellung der Gruppe Antreiben deshalb:

Inwieweit kann der Tourismus im Naturpark Wildeshauser Geest zu einer Nachhaltigkeitstransformation beitragen?

Erkennbar ist somit, dass die Gruppe Antreiben den Naturpark bereits als Hebel betrachtet und nicht zur Diskussion stellt, in wie weit der Park einen Hebel darstellen kann. Diese Annahme ist aufgrund der Formulierung der übergeordneten Frage getroffen worden. Zu betonen ist, dass es der Gruppe Antreiben nicht um den Tourismus als Hebel oder den Park als Hebel selbst geht. Vielmehr wird die Verbindung zwischen Tourismus und Naturpark als Hebel betrachtet.

Die gewählte Unterfrage ergänzt das Vorgehen der zweiten Teilgruppe, der Gruppe Nähren, welche sich mit der Identifikation des Naturparks beschäftigt. Beide Teilgruppen können so effektiv Hand in Hand arbeiten.

Der gesamte Ablauf des TD Projekts wird sich am Ablauf eines transdisziplinären Forschungsprozesses orientieren (Abbildung 2) (siehe Lang et al. 2012). Dieser gliedert sich in drei Phasen:

Abb. 2 Lang et al. 2012.png

Abbildung 2: Transdisziplinärer Forschungsprozess (Lang et al. 2012)

Phase A: Die Phase A beschäftigt sich mit der Orientierung und dem Rahmen des Projekts und bildet die Grundlage für den Forschungsprozess. Inhalte dieser Phase sind die Identifikation und Beschreibung des vorliegenden Problems, die Festlegung des Forschungsobjekts, die gemeinsame Formulierung von Forschungszielen und die Gestaltung des konzeptionellen und methodischen Rahmens.

Eckpunkte, die im TD Projekt in Phase A geklärt werden müssen, sind:

  1. Wie wird der Tourismus in den (theoretischen und rechtlichen) Konzepten von Naturparks verstanden?
  2. Wie wird Tourismus konkret im Naturpark Wildeshauser Geest verstanden?
  3. Was ist der Literatur zu entnehmen bezüglich Kriterien, welche der Tourismus erfüllen muss, um eine Nachhaltigkeitstransformation zu bewirken?
  4. Welche Spannungsfelder gibt es möglicherweise zwischen dem Park und seinen Förderern sowie innerhalb des Parks?
  5. Wie ist eine Verknüpfung der Interessen der Gruppe Antreiben mit den Interessen des Parks und den betroffenen Gemeinden möglich?

Dabei können mögliche Spezifizierungen sein, wie das TD Projekt den Naturpark in der Erstellung eines Naturparkplans unterstützen kann und ob es Anknüpfungspunkte oder passende Projekte in der Region gibt, die den Naturpark in einer Nachhaltigkeitstransformation unterstützen können. Der Fokus würde auf der Transformation einzelner Projekte liegen, nicht auf der Betrachtung aller vorhandenen Projekte.

Phase B: Die Phase B ist der eigentliche Forschungsprozess. Verschiedene integrative, wissenschaftliche Methoden werden angewandt und weiterentwickelt. Weiterhin wird festgelegt, welche Stakeholder in welchem Teil des Forschungsprozesses involviert sind. Es soll eine zielorientierte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen sowie internen und externen Beteiligten erreicht werden.

Schritte des TD Projekts, die in dieser Phase angegangen werden müssen, sind die Klärung eines normativen Konzepts für eine nachhaltige Raumentwicklung und eine Planung bezüglich des methodischen Vorgehens. Möglich sind in diesem Zusammenhang die Durchführung von Interviews zur Beantwortung wichtiger Eckfragen, eine Akteurs- oder Netzwerkanalyse zur Festlegung, welche Akteure involviert sind oder involviert werden sollen sowie die Erstellung einer Online-Karte für die Auswahl geeigneter Projekte.

Phase C: In dieser Phase soll das (teilweise zusammen) erlangte Wissen miteinander verknüpft werden. Es ist der Prozess des Nutzens, der Anwendung sowie Implementation der Ergebnisse. Es wird als Re-Integration der Ergebnisse in die gesellschaftliche Praxis und wissenschaftliche Praxis bezeichnet.

An diesem Punkt folgt die Integration der Forschungsergebnisse der Gruppe Antreiben in die Praxis. Da die Ergebnisse an dieser Stelle noch nicht klar sind, ist eine detaillierte Beschreibung der Phase C des Projekts an dieser Stelle nicht möglich. Mit der weiteren Arbeit im TD Projekt ist davon auszugehen, dass die Inhalte der Phasen A – C konkretisiert und ergänzt werden.

Literatur

  • Abson, D.J.; Fischer, J.; Leventon, J.; Newig, J.; Schomerus, T.; Vilsmaier, U., von Wehrden, H.; Abernethy, P.; Ives, C. D.; Jager, N. W. und Lang, D. J. (2016): Leverage points for sustainability transformation. Ambio A Journal of the Human Environment Volume 46: 30-39.
  • Lang, D.J., Wiek, A.; Bergmann, M.; Stauffacher, M.; Martens, P.; Moll, P.; Swilling, M. und Thomas, C. J. (2012). Transdisciplinary research in sustainability science: Practice, principles, and challenges. Sustainability Science Volume 7: 25–43.
  • Lokale Aktionsgruppe (LAG) LEADER Wildeshauser Geest (2015): Regionales Entwicklungskonzept 2014-2020. Lokale Aktionsgruppe (LAG) Wildeshauser Geest c/o Landkreis Oldenburg, Wildeshausen.
  • Meadows, D. (1999): Leverage points: Places to intervene in a system. The Sustainability Institute Hardtland.
  • Vilsmaier, U. (2016): Inter- und Transdisziplinäre Methoden. Verfügbar unter: http://www.leuphana.de/zentren/methodenzentrum/lehrangebot/inter-und-transdisziplinaere-methoden.html (zuletzt geprüft am 26.06.2017).

Gebietsfremd im Landkreis Oldenburg

Fremdheit oder Zugehörigkeit: das sind keine Nichtigkeiten. Über Neophyten und gebietsfremde Wissenschaftler

– von Laurin Berger –

This blogpost is part of a transdisciplinary student project in the region of Oldenburg taught by Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, and Dr. Maraja Riechers.

Dieser Blogpost ist Teil des Studentenprojektes Transdisziplinäres Projekt: Landkreis Oldenburg im Master Nachhaltigkeit. Lehrende: Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, Dr. Maraja Riechers.

IMG_3880.jpgEin Raum für Reflektion: Wissenschaftler, Studierende und Künstler am Projektcontainer in Kirchhatten. Foto: Laurin Berger

Es ist ein sonniger Juniabend, an dem sich einige Künstler des Kollektivs ArtEcology Network (www.artecology.eu) zum ersten Mal mit Studierenden unseres transdisziplinären Forschungsprojektes am Projektcontainer in Kirchhatten treffen. Unter der entstehenden Installation des Künstlers Peer Holthuizen (www.3mal3.net) sollen in dieser Zusammenkunft Allianzen zwischen Kunst und Wissenschaft geknüpft werden, um gemeinsam Perspektiven für eine zukunftsfähige Entwicklung im Naturpark Wildeshauser Geest zu erarbeiten. Dazu gibt es Bier von Jever aus dem Landkreis Friesland ein erster Versuch des Aufbaus regionaler Identität unter den zugereisten Wissenschaftlern.

Nebenan, im Gemeindezentrum Kirchhatten, sitzen Senioren der freiwilligen Feuerwehr. Es gibt Krombacher Bier, nicht so regional aus dem Siegerland. Ganz offensichtlich haben die heimischen Feuerwehrleute es nicht nötig, ihre regionale Identität mit einer Biermarke zu manifestieren. Als zwei der Studierenden den Raum betreten, ist es schlagartig still. Eigentlich sollten sie jetzt sagen „Wir sind fremd hier“ so war es abgemacht, doch das bedurfte schon gar keiner Verbalisierung mehr. Das war sowieso klar. Gehen wir rüber, legen unsere Treffen zusammen, als Zeichen der Zugehörigkeit? Künstler, Feuerwehr und Wissenschaftler an einem Tisch, so könnte transdisziplinäre Forschung schließlich aussehen.

Fremdsein im Landkreis Oldenburg. Fremd, als Wissenschaftler; fremd auch als Künstler.

Fremd ist mehr als das Neu sein, es ist auch das Unvertraute, Unbekannte.

Geliebtes Neues?

Um den Umgang mit dem Fremden geht es auch Anja Schoeller. In ihrem Kunstprojekt „GeLIEBter NEOphyt“ (www.zwischenbericht.eu) beschäftigt sie sich mit unserem Umgang mit dem Fremden und Unbekannten, mit den sogenannten gebietsfremden Arteni. Neophyten, Pflanzen, die nach der „Entdeckung“ Amerikas durch Kolumbus mit Hilfe des Menschen nach Europa eingewandert sind, werden oft kritisch betrachtet, die invasiven Arten unter ihnen sogar bekämpftii. Dabei besteht ein Großteil unserer heutigen Speisekarte aus Neophyten. Auch Kartoffeln und Mais, zwei dominante Kulturen auf den Äckern der Wildeshauser Geest sind keine heimischen Pflanzen. 687 Neophyten und Archäophyten, also noch vor Kolumbus´ Ankunft in Amerika eingewanderte Arten, gibt es in Deutschland. Nicht alle Neophyten sind so gern gesehen wie die Kartoffel, die doch fast schon ein Inbegriff Deutschlands geworden ist. So können invasive Arten das bestehende Ökosystem destabilisieren, einheimische Arten verdrängen und die Biodiversität gefährdeniii. Doch Anja Schoeller geht es um etwas Anderes: was sagt unser Umgang mit den Neophyten über unser Verhältnis zum Fremden und Neuen aus? „Ausländer raus aus deutschen Wäldern!“ titelte 1998 die Zeitung „Die Welt“ zu politischen Vorstößen, nur noch heimische Baumarten in Wäldern zuzulasseniv. Auch heute dominiert ein kriegerisches Vokabular die Medienberichte: da ist von Ausrottung und Merzen die Rede. Bürger*innen werden aufgerufen, invasive Arten in ihren Gärten zu bekämpfenv. Anja Schoeller möchte die „ungeliebten Pflanzen und Tierarten ˋendlichˊ auf den Tisch bringen“, für einen neuen Umgang mit den Fremden sorgenvi.

Heimat oder Fremde, das sind begriffliche Gegensätze. Schon das Festlegen eines Zeitpunktes, ab dem neu auftauchende Pflanzen nicht mehr als „heimisch“ gelten, zeigt, wie normativ die Begriffsabgrenzungen doch sind.

Fremd zu sein, das bedeutet „außerhalb der gewohnten Umgebung“ zu seinvii.

Auch wir Wissenschaftler sind nicht im Landkreis beheimatet, müssen einen Bezug zur Region erst aufbauen. Transdisziplinäre Forschung stellt ungewohnte Anforderungen an Wissenschaftler. Denn es geht nicht nur um die Einbeziehung verschiedener Disziplinen, sondern auch um das gemeinsame Forschen mit Akteuren in der Region zu einem realen Problemviii. Nicht länger hat der Wissenschaftler die klassische Rolle des Wissensproduzenten im isolierten Raumschiff außerhalb der Gesellschaft. Im Gegenteil, transdisziplinäre Forschung erkennt an, dass sie Teil der Gesellschaft ist und nutzbares Wissen produzieren muss, um ein lebensweltliches Problem lösen zu könnenix. Vielmehr ist unsere Rolle als Wissenschaftler eine zwischen unterschiedlichen Sichtweisen vermittelnde. Es ist die Rolle des Raumgebers für Reflektion und Innovation, des Wissensmaklers und des Initiatorsx. Doch mit welcher Legitimierung kommen wir in die Region? Wie definieren wir ein gemeinsames Problemverständnis? Wer hat uns eingeladen? Gebietsfremde Wissenschaftler zu sein, ist eine Herausforderung, die uns während der ersten drei Tage im Landkreis beschäftigt.

Viele von uns Wissenschaftlern haben zumindest eine verwandtschaftliche Verbindung zum Land. Teilhabe, Zugehörigkeit, beheimatet sein, das macht die Verbindung zu einer Region aus, die es bräuchte.

Quellen:

i Siehe: http://www.artecology.eu/files/index_submenu.php?seite=5&folge=14. Letzter Zugriff: 17.06.2017

ii Klingenstein, F., & Otto, C. (2008). Zwischen Aktionismus und Laisserfaire: Stand und Perspektiven eines differenzierten Umgangs mit invasiven Arten in Deutschland. Natur und Landschaft, 407.

iii Piechockie, R. (2015): Fremdenfeindlichkeit im Naturschutz? Zur Problematik heimischer und fremder Arten. In: Naturschutz und Rechtsradikalismus. Gegenwärtige Entwicklungen, Probleme, Abgrenzungen und Steuerungsmöglichkeiten. Hrsg. V.: Heinrich, G.; Kaiser, K.D.; Wiersbinski, N.; Bfn; Bad Godesberg 2015. S. 3853

iv Siehe Piechokie (2015), S. 38. v Schwarz, Carolina: Endgegner Neophyten. Xenophobe Äußerungen über Pflanzen. In.: Taz online, am 27.10.2016. Zugriff: http://taz.de/!5352080/. Letzter Zugriff am 17.06.2017:

vi Artecology_network (2017): Geliebter Neophyt: http://www.artecology.eu/files/index_submenu.php?seite=5&folge=14; letzter Zugriff am 18.06.2017

vii Seebold, E.: Fremd, in: KLUGE, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 25. Ausgabe. De Gruyter, Berlin/Boston 2011. S. 317

viii Vilsmaier, U., & Lang, D. J. (2015). Making a difference by marking the difference:

constituting inbetween spaces for sustainability learning. Current Opinion in Environmental Sustainability, 16, 5155.

ix Miller, T. R. (2013). Constructing sustainability science: emerging perspectives and research trajectories. Sustainability science, 8(2), 279293.

x Wittmayer, J. M., & Schäpke, N. (2014). Action, research and participation: roles of researchers in sustainability transitions. Sustainability science, 9(4), 483496.