Von Fernanda von Schiller
This blogpost is part of a transdisciplinary student project in the region of Oldenburg taught by Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, and Dr. Maraja Riechers.
Dieser Blogpost ist Teil des Studentenprojektes Transdisziplinäres Projekt: Landkreis Oldenburg im Master Nachhaltigkeit. Lehrende: Moritz Engbers, Prof. Ulli Vilsmaier, Dr. Maraja Riechers.
In diesem Post werden Sie in die Geheimnisse der Moderation eingeweiht und entdecken dabei die Gemeinsamkeiten von Hebammen und Moderatoren. Zuvor möchte ich jedoch kurz den Bogen zu transdisziplinärer Forschung schlagen und deren Merkmale beschreiben, die ausschlaggebend für eine Moderation der Gruppenarbeit sind. Laut Matthias Bergmann, Forscher am Institut für sozial-ökologische Forschung und seinen Co-Autoren, ist transdisziplinäre, also disziplin-übergreifende Forschung, die Integration von verschiedenen Wissenskulturen aus Forschung und Praxis. Bei der Zusammenarbeit dieser Forschervielfalt geht es vor allem um die Erreichung von Konsens, um gemeinsam eine Lösung für ein wissenschaftlich als auch praktisch-relevantes Problem zu finden. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass transdisziplinäre Forschung sich vor allem durch den iterativen, also die kontinuierliche Reflektion des Forschungsgegenstands auszeichnet. Dieser kreisförmige Prozess soll den gemeinsamen Lernprozess aller Beteiligten fördern (vgl. Bergmann et al. 2010, Defila et al. 2006). Laut der Wissenschaftspolitikerin Vera Rabelt (2007) sind für diesen Lernprozess die richtigen Begleit-Instrumente essentiell. Unter anderem bezeichnet sie Moderation als wesentlichen Bestandteil, um sowohl die Sozial- als auch die Wissensintegration zu fördern.
Im Hinblick auf unsere Studierenden-Forschungsgruppe, erwies sich die Moderation bisher als ein sehr wertvolles Instrument, um die Gruppen- sowie Konsensfindung (zunächst interdisziplinär) zu unterstützen. Denn unsere 22-köpfige Gruppe bringt natürlich nicht nur unterschiedliche Disziplinen (von Umweltwissenschaften, über Kultur- oder Politikwissenschaften bis hin zu Betriebswirtschaftslehre) zusammen, sondern auch 22 verschiedene Charaktere. Während der ersten Zusammentreffen merkten wir schnell, dass unsere Sitzungen, gut strukturiert und organisiert sein müssen, um ausgeglichene Diskussionen zu führen, Entscheidungen effizient zu treffen und der Kreativität genügend Raum zu lassen. Denn dies bildet die Basis für eine gute Zusammenarbeit.
Begleitend zu dem transdisziplinären Forschungsprojekt, bietet das Methodenzentrum der Leuphana Universität unter anderem eine interaktive Moderations-Werkstatt an. Darin lernen wir, uns in die Rolle als Moderator*in einzufinden und die Grundlagen für die benötigten Strukturen für Gruppenarbeiten auszuarbeiten. Aber was sind denn eigentlich die konkreten Moderations-Aufgaben?
Moderatoren unterstützen – wie eine Hebamme bei der Geburt
Walter Simon (2004), Wirtschaftstrainer- und Autor, zieht dazu einen interessanten Vergleich und erklärt, dass ein*e Moderator*in wie eine Hebamme die Geburt unterstützt, aber nicht selbst gebärt. Moderator*innen greifen also nicht inhaltlich in die Gruppenarbeit ein, sondern unterstützen vielmehr den kommunikativen Austausch durch Struktur und fördern dadurch die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung (vgl. Simon 2004; Seifert 2001; von Blanckenburg 2004). Dabei ist es essentiell, als Moderator*in objektiv zu bleiben und alle Diskussionspositionen einnehmen zu können. In diesem Zusammenhang, finde ich auch folgenden Satz aus einer der ersten Moderations-Werkstattsitzungen sehr wichtig: „Jede*r ist Experte für sich selbst!“. Dies bedeutet, dass die persönlichen Meinungen der anderen nicht kritisiert werden sollten, weder von Gruppenmitgliedern und schon gar nicht von dem/der Moderator*in. Ich verbinde diesen Ansatz auch gerne mit Dr. Christine von Blanckenburgs (Bereichsleiterin Bürgergesellschaft im nexus Instititut) Gedanken, dass die Gruppe für sich selbst verantwortlich ist. Es ist also nicht die alleinige Aufgabe des Moderators/der Moderatorin, die Gruppe voranzubringen, da jedes Teammitglied mitverantwortlich ist. Schließlich ist jeder Experte für sich selbst, sollte dieses Wissen einbringen und mit der Gruppe teilen. Dennoch ist der/die Moderator*in dafür verantwortlich, die verschiedenen Teilnehmerbedürfnisse durch eine strukturierte Anleitung in Einklang zu bringen. Weitere Moderationsaufgaben beschreiben Karin Klebert et al. (2002) mit den 12 Regeln der Moderation. Für mich sind dabei folgende Regeln besonders wichtig:
- „Fragen statt sagen“, da die richtigen Fragen den Kommunikationsprozess in Gang setzen und so Türen geöffnet und Blockaden weggeräumt werden;
- „Störungen haben Vorrang“, da körperliche oder psychische Störungen (wie Ärger oder Trauer) eine Lern- und Kommunikationsbarriere darstellen und Problemlösungen verhindern oder verfälschen.
Meine Erfahrungen als Hebamme
Die Moderations-Werkstatt war sehr hilfreich, um mich der Herausforderung „Gruppen- Moderation“ zu stellen. Dadurch habe ich sowohl einen Einblick in die Techniken, als auch Inspirationen erhalten, um mich angemessen als Moderatorin vorzubereiten. Vor allem der Moderationsplan, in dem ich die Agenda Punkte, den Zeitrahmen, die passenden Techniken und benötigten Materialen aufliste, hat sich für mich für eine effiziente Sitzungsstruktur bewährt. Darüber hinaus finde ich es sehr hilfreich, im Team zu moderieren, um so den 12 Regeln der Moderation gerecht zu werden und die Aufgaben wie z.B. der Diskussionsführung, Fragenstellung und Gruppenbeobachtung besser auszuüben (vgl. Seifert 2001, Klebert et al. 2002).
Außerdem gefällt mir die Anwendung von Kreativtechniken zur Ideenfindung besonders gut. Neulich habe ich beispielsweise die Reizbild Methode angewandt, um Ideen für einen Gruppenausflug zu sammeln. Bei dieser Methode werden mit Hilfe von Assoziation zu einem Bild, das häufig gar keinen Bezug zu der Frage oder Problemstellung hat, neue Ansätze und Zugänge gefunden. Mit dem Reizbild „Sonnenschirm“ haben wir so vielfältige Ideen gesammelt, sodass nun die bereits die Planung für den Ausflug läuft.
Herausforderungen für Moderatoren als Gruppenmitglieder
Eine Besonderheit für Moderator*innen innerhalb einer Gruppe, ist die inhaltliche Distanz und Objektivität. In vielen Lehrbüchern sind Moderator*innen gruppenextern, z.B. als Berater*in oder Workshopleiter*in. In unserem Fall sind die Moderator*innen allerdings Teil der Gruppe, weshalb es in dieser Rolle häufig schwierig ist, sich inhaltlich aus den Diskussionen heraus zu halten. So ist es besonders wichtig, bei einem inhaltlichen Beitrag darauf hinzuweisen, dass der*diejenige für den Beitrag aus der Rolle der Moderator*in kurz zurücktritt. Eine weitere Schwierigkeit stellt nach meinen Erfahrungen die Wahrung der Objektivität dar. Denn für mich besteht die Herausforderung darin, trotz meiner inhaltlichen und emotionalen Beteiligung, alle Meinungen anzunehmen und den Diskussionsteilnehmer*innen gerecht zu werden. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass ich diese Fähigkeiten mit der Zeit noch verbessern werde.

Reizbild „Sonnenschirm“ und die Ergebnisse
So freue ich mich auf die kommenden Gelegenheiten, meine Moderationsfähigkeiten weiter auszubauen und bin gespannt darauf, dieses Wissen im kommenden Semester mit zusätzlichen Praxispartnern anzuwenden.
Kurz gesagt…
Im Zuge der Gruppenarbeit der letzten Monate und durch die Moderations-Werkstatt ist mir einmal mehr bewusstgeworden, dass es bei Gruppenarbeiten, sei es inter- oder transdisziplinär, eben nicht nur um Inhalt, sondern vor allem um das Miteinander geht. Ich kann mir vorstellen, dass in vielen Gruppenprojekten diesem zu wenig Beachtung geschenkt wird. Dabei kann man schon mit nur ein paar simplen Werkzeugen, wie z.B. mit den richtigen Fragen, den Prozess vereinfachen und die Arbeit unterstützen. So wie die Hebamme die Geburt.
Quellen:
- Bergmann, Matthias et al. 2010. Methoden transdisziplinärer Forschung. Ein Überblick mit Andwendungsbeispielen. Campus Verlag GmbH. Frankfurt am Main.
- von Blanckenburg, C. 2005. Leitfaden für interdisziplinäre Forschergruppen: Projekte initiieren – Zusammenarbeit gestalten. Stuttgart.
- Defila, R., Di Guilio, A. & Scheuermann, M. 2006. Forschungsverbundmanagement : Handbuch für die Gestaltung inter- und transdisziplinärer Projekte. Hochschulverlag AG an der ETH Zürich. Zürich.
- Klebert, K. , Schrader, E. & Straub, W.G. 2002. Das Standardwerk. Windmühle GmbH. Hamburg.
- Rabelt, V. et al. 2007. Neue Wege in der Forschungspraxis : Begleitinstrumente in der transdisziplinären Nachhaltigkeitsforschung. Oekom Verlag. München.
- Seifert, J. W. 2001. Präsentieren. Moderieren. GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
- Simon, W. 2004. GABALs großer Methodenkoffer. Grundlagen der Kommunikation. GABAL Verlag GmbH, Offenbach.