Von Aylin Ünsal
This blogpost is part of a transdisciplinary student project in the region of Oldenburg taught by Moritz Engbers, Ulli Vilsmaier & Maraja Riechers
Dieser Blogpost ist Teil des Studentenprojektes Transdisziplinäres Projekt: Landkreis Oldenburg im Master Nachhaltigkeit. Lehrende: Moritz Engbers, Ulli Vilsmaier & Maraja Riechers
Das erste Semester des transdisziplinären Forschungsprojektes „Fallstudie Landkreis Oldenburg” an der Leuphana Universität ist abgeschlossen, und damit auch die erste von zwei Forschungsperioden. Unser Forschungsteam beschäftigte sich mit der Forschungsfrage, inwieweit Naturparks Hebel für eine Nachhaltigkeitstransformation sein können. Mit Hilfe von Literatur, Exkursionen und dem direkten Austausch mit Akteuren konnten erste Eindrücke geschaffen, sowie einen Schritt hin zur Beantwortung der Forschungsfrage gemacht werden.
Ein transdisziplinärer Forschungsprozess beinhaltet vor allem gesellschaftlich orientierte Forschung. Anders als disziplinäre und interdisziplinäre Forschung widmet sich transdisziplinäre Forschung komplexen, gesellschaftlich relevanten Herausforderungen und Fragestellungen. Hierbei ist die gegenseitige Anerkennung Beteiligter aus Wissenschaft, Politik und öffentlicher Gesellschaft als vollwertige Partner von besonderer Bedeutung, um gemeinsam Wissen zu generieren (Vilsmaier 2010: 21, Vilsmaier, Lang 2014: 89).
Im Laufe eines Forschungsprozesses wird immer wieder auf bereits angewandte Forschungsmethoden und Arbeitsschritte Bezug genommen. Die erste Phase des Forschungsprozesses diente der Problemidentifikation und -strukturierung. Diese konnte unser Projekt bereits im ersten Semester angehen. Jedoch sind hier durch geplante Interviews und Workshops im 2. Semester noch weitere Erkenntnisse und detailliertere Einblicke in die Problematik zu erwarten (Vilsmaier, Lang 2014: 101).
„In der Umsetzung transdisziplinärer Forschungsprozesse wirkt sich der Grad der Beteiligung von AkteurInnen entscheidend auf die Relevanz der Wahrheit aus: Bedürfnis- und Interessenlagen beeinflussen die Ebene der Ergebnisse, und wissenschaftliche Wahrheit ist selbst nur ein Teil in der Gesamtmenge der zur Verfügung stehenden Wahrheiten.“ (Hanschitz et al. 2009: 186)
Neben dem aus wissenschaftliche Quellen gewonnen Wissen, ist für die Beantwortung der Forschungsfrage vor allem Wissen, welches aus nichtwissenschaftlichen Quellen generiert wird von besonderer Bedeutung. Aus diesem Grund ist es für das weitere Vorgehen im Forschungsprozess wichtig, die Wahrnehmungen und Erfahrungen verschiedener Akteure, mit verschiedenen Hintergründen zu betrachtet und gegenübergestellt werden. Die Exkursion Mitte Juni 2017 verhalf uns nach der intensiven Literaturrecherche einen ersten Eindruck vom Forschungsgebiet zu gewinnen und gleichzeitig potentielle Praxispartner kennenzulernen. Außerdem bot sich die Möglichkeit, das übergeordnete transdisziplinäres Forschungsprojekt Leverage Points for Sustainability Transformation sowie die beteiligten Akteure näher kennenlernen. Wir lernten die stellvertretende Geschäftsleitung sowie Marketing-Beauftragte des Zweckverbandes Wildeshauser Geest kennen, die sowohl in der ersten als auch in der zweiten Forschungsphase einen wertvollen Praxispartner für uns darstellt. In einem Interview konnten verschiedene Herausforderungen des Zweckverbands Wildeshauser Geest dargelegt und begründet werden. Es fand ein Austausch über die Vorstellungen der Zusammenarbeit statt. Dies erleichterte uns die Problemskizze der Wechselwirkungen zwischen Naturschutz und Tourismus sowie ein Verständnis für den Interessenkonflikt zwischen den Akteuren (Hanschitz et al. 2009: 186).
Besonders von Interesse ist in transdisziplinären Projekten, und damit auch für uns, das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis zu ermitteln. Dabei lassen sich verschiedene subjektive Sichtweisen sowie Verständnisse bezüglich konkreter Probleme und Herausforderungen meist nicht ohne weiteres auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Der Anspruch transdisziplinärer Projekte ist es deshalb, den Spalt zwischen praxisferner Wissenschaft und unreflektierter Praxis zu überbrücken, um somit die Grenze zwischen Theorie und Praxis durchlässig zu gestalten (Bergmann et al. 2005: 7). Übertragen auf unser Forschungsprojekt bedeutet dies eine genaue Synthese und Analyse der Meinungen von Akteuren im Naturpark Wildeshauser Geest, welche uns noch im nächsten Semester erwartet. Dazu gehören vor allem Tourismusakteure, sowie Akteuren der Gastronomie und Landwirtschaft. Durch ein weiteres Interview mit der stellvertretenden Geschäftsführung des Zweckverbandes im August 2017 konnten bereits einige für eine Zusammenarbeit relevante Akteure identifiziert sowie Ziele für die zweite Forschungsperiode formuliert werden.
Für das weitere methodische Vorgehen gilt es zunächst, zu Beginn des nächsten Semesters, das Interview vollständig auszuwerten, und damit künftige Praxispartner und Akteure sowie deren Beziehung zueinander zu identifizieren. Dies ist besonders wichtig, um die Zielgruppen herauszuarbeiten, welche erreicht werden sollen. Außerdem ist vorgesehen Kriterien für einen nachhaltigen Tourismus zu definieren und in dem Zusammenhang zu prüfen, inwieweit sich lassen Interessenbereiche des Naturparks mit denen der Tourismusakteure verbinden lassen. Die Interessen und Erwartungen verschiedener Akteure an den Naturpark sollen mittels weiterer Interviews und Umfragen herausgearbeitet werden. Zusätzlich ist eine Akteursanalyse vorgesehen. Für die Ermittlung der Beziehungen und Interessenkonflikte der Akteure ist eine Netzwerkanalyse angedacht. Um die Partizipation der Akteure zu gewährleisten und einen Austausch für diese zu ermöglichen, sind gemeinschaftliche Workshops geplant. Diese sollen einerseits zur Motivation dienen, andererseits will das Forschungsteam in Hinblick auf die Forschungsfrage gemeinsam mit den Akteuren eine Marketingstrategie erarbeiten, mit welcher nachhaltiger Tourismus erfolgreich umgesetzt werden kann.
Die nächsten Schritte des Forschungsprozesses beinhalten demnach die gemeinsame Generation von lösungsorientiertem und anschlussfähigem Wissen. Dabei ist eine stetige Anpassung an neue Ergebnisse während des Forschungsprozesses notwendig, da die fortlaufende Forschung stets neue Erkenntnisse oder Herausforderungen aufbringen kann. Dies verlangt eine stetige Reintegration und Anwendung des neu generierten Wissens während des gesamten Forschungsprozesses. (Vilsmaier, Lang 2014: 102)
Quellen
- Bergmann, M. et al. (2005) Qualitätskriterien Transdisziplinärer Forschung. Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt am Main.
- Hanschitz, R. et al. (2009) Transdisziplinarität in Forschung und Praxis. Chancen und Risiken partizipativer Prozesse. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.
- Lenz et al. (2016) Die Transdisziplinäre Untersuchungsstrategie von Nascent. Nacent, Oldenburg/Stuttgart.
- Vilsmaier, U. (2010) Transdisciplinarity and protected areas: A matter of research horizon. In: Journal on Protected Mountain Areas, 2 (2), 21-28.
- Vilsmaier, U., Lang, D. (2014) Transdisziplinäre Forschung. In: Nachhaltigkeitswissenschaften, Heinrichs, H., Michelsen, G. (Hrsg.).